Klingeln beim Überholen eines Fahrradfahrers in gleicher Richtung nur in bestimmten Situationen erforderlich

1. Stoßen zwei Fahrradfahrer bei einem Überholvorgang im gleichgerichteten Verkehr zusammen, trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der andere seine Pflichten verletzt hat.
2. Der Überholvorgang ist nur dann durch Schallzeichen einzuleiten, wenn dieser wegen der geringen Breite des Fahrwegs oder erkennbarer Unsicherheit des zu Überholenden besonders gefährlich erscheint.

(Leitsätze des Gerichts)

Radfahrer haben links zu überholen (§ 5 Abs. 1 StVO) und es ist ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Radfahrern einzuhalten (§ 5 Abs. 4 S. 2 StVO). Diese beim Überholen zu beachtenden Pflichten setzten aber das vorherige Ankündigen des Überholens durch Klingeln grundsätzlich nicht voraus.
Anderes könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine besondere Sachlage vorliegt. Eine solche Konstellation könnte gegeben sein, wenn der Überholvorgang wegen der geringen Straßenbreite besonders gefährlich ist oder der zu Überholende erkennbar unsicher ist. All dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Zudem sei ein Unterschreiten des gebotenen Abstands nicht aufgrund der Zustimmung der Beschuldigten zu einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage anzunehmen.
Eine generelle Verpflichtung zum Klingeln ergibt sich aus dem Gesetz nicht und dass sich die Beklagte auf die Zahlung eines Geldbetrages eingelassen habe, binde die zuständigen Zivilgerichte nicht und dürfe daher auch nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

Kammergericht Berlin: April 2018

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